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Plöt­zensee Vor zwei Wochen ertrank der 35-jährige gebür­tige Kame­runer Aneck E. im See des Strand­frei­bads Plöt­zensee. Jetzt hat die Staats­an­walt­schaft die Unter­su­chungen ein­ge­stellt

von Tobias Raff

Was sonst eher geringe mediale Auf­merk­sam­keit erregt, geriet in diesem Fall ins Gegen­teil, denn Aneck E. ist gebür­tiger Kame­runer und der Bade­meister, der zu diesem Zeit­punkt im Strand­freibad Plöt­zensee seinen Dienst versah, Mike Z., war früher­Mit­glied der Freien Natio­na­listen Berlin-Mitte, einer neo­na­zis­ti­schen Orga­ni­sa­tion. Kurz nach dem Unfall wurden Vor­würfe gegen Mike Z. laut, in denen von unter­las­sener Hil­fe­leis­tung die Rede war. Eine Person, die vom gegen­über­lie­genden Ufer zum Strandbad geschwommen war, um Hilfe zu holen und des­halb Mike Z. ansprach, bemerkte später:

Ich habe gedacht, ich rede gegen eine Wand!

Die Polizei und die zustän­dige Staats­an­walt­schaft sind sich ihrer Sache indes aus­ge­spro­chen sicher. So haben die Behörden nun­mehr ver­lauten lassen, dass Mike Z. in keinem Fall dem Kame­runer Aneckt E. habe helfen können, vor allem da dieser unter erheb­li­chem Alko­hol­ein­fluss gestanden habe. Diese Aus­sage kann zunächst einmal getrost ange­zwei­felt werden. Ein aus­ge­bil­deter Ret­tungs­schwimmer, wie Mike Z. einer ist, benö­tigt für die ca. 120 Meter ent­fernte Stelle zwi­schen 1 und 2 Minuten in Kraul­lage. Drin­gend muss aber auch öffent­lich geklärt werden, ob es sich um einen Bade­un­fall oder um aty­pi­sches Ertrinken han­delte, also einen soge­nannten Badetot.

In beiden Fällen dauert, auch bei alko­ho­li­sierten Per­sonen, der Ertrin­kungstod auf­grund­un­ter­schied­li­cher Phasen eine gewisse Zeit­spanne. Eine Zeit­spanne, in der Aneck E. mög­li­cher­weise gerettet hätte werden können und jetzt noch am Leben wäre. Auch die Art und Weise von mög­li­chen Ver­bin­dungen von Mike Z. zu neo­na­zis­ti­schen Grup­pie­rungen liegt im Dun­keln. Offi­ziell habe sich Mike Z. bereits vor einiger Zeit von dieser Ideo­logie los gesagt und sei Teil eines vom Ver­fas­sungs­schutz initi­ierten Austei­ger­pro­gramms. Nach­weise dar­über fehlen völlig.

Es sind zuviele Fragen offen und die Ein­stel­lung der Unter­su­chungen nach bereits zwei Wochen weckt noch mehr Miss­trauen. Der abschlie­ßende Hin­weis der Polizei und Staats­an­walt­schaft, dass jeder, der jetzt noch behaupte, dass Mike Z. den 35-jährigen Kame­runer habe ertrinken lassen, den Straf­tat­be­stand der Ver­leum­dung erfülle und sich damit strafbar mache, ist min­des­tens genauso bizarr, wie der ganze Vor­gang.

Dieser Bei­trag gibt die Mei­nung des Autors wieder, nicht not­wen­di­ger­weise die der Redak­tion des Freitag.

Quelle: Freitag, 3. August 2014